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 Sie liegt in den Reben
 
 
 Sie liegt in den Reben
 mein goldenes Kind
 Sie pflückt die Trauben
 vom Stiel in den Mund
 Das Flache unter ihrer Brust
 Der Pelz meine Lust
 ich wühle darin
 und kose die Insel der Sinne
 schlafe auf den Wiegen
 einer Sehnsucht
 und küss von den Lippen
 die rote Inbrunst
 den Atem, das Leben
 Sie liegt in den Reben
 
 
    
 
 Das Weiße im Schwarzen
 
 
 Wenn man im Weißen das Schwarze gefunden hat,
 macht man sich auf die Suche nach dem Weißen
 im Schwarzen.
 
 
    
 
 Zwei Fragmente
 
 
 Heute nun weiß ich, die Angst, sie kommt, sie geht
 Ich kann mich rasch ändern,
 doch meine Kraft, mein Leben besteht
 und geh ich unter blauem Himmel,
 sehe gelbe, rote, goldene Felder,
 ergrünte Wiesen, grünende Wälder...
 
 Die Tage wurden kürzer,
 ich fühlte mich noch gut.
 Der Sommer ging, der Winter kam,
 wir wärmten uns an eigner Glut.
 Das Dunkle, die Nacht, sie wurde länger
 erstickte das Feuer sie nahm uns den Mut...
 
 
 
    
 
 Wolf
 
 
 Der alte Wolf tappt durch die Wälder
 Er meidet die Wiesen, die Auen
 Er sucht nach Losung, die nicht so alt
 ist und ihm den Weg des Wildes zeigt
 Meidet stumme Dörfer, kalten Rauch
 und leere Asche. Er weiß, wo in der
 klaren Luft der warme, satte Geruch
 leichten Lebens hängt, und ihn drängt
 ein saurer Hunger. Von der nächsten
 Anhöhe riecht er den Duft dessen,
 was seinen Magen füllt und ihn stärkt
 Seine innere Hitze sengt seine Schnauze,
 und kalte Luft versichert ihm,
 daß er gegen den Wind steht.
 Er schleicht - und reißt ein Lamm
 von seiner Mutter weg. Die Herde
 blökt und flieht. Mit hartem Biß
 trennt er die Kehle des jungen Tieres
 und öffnet die Bauchdecke.
 Ins Dampfende versenkt er die Schnauze
 und schwelgt.
 
 Am Morgen schossen ihn die Jäger.
 
 
 
    
 
 Der Töpfer
 
 
 Der Töpfer
 schmiegt feuchte Hände
 um den Klumpen Ton.
 Linien entgleiten den Fingern,
 kleine Fasern spiralen,
 wo der Nagel schabt
 Er führt die Masse nach oben
 und entformt einen starken Rand
 In einem herben Duft
 steigt die Wand, ruhig,
 die Hände gleiten, kein Zittern
 Ein Bauch wölbt sich
 um die Höhlung, und
 hoch entsteigt ein Becher Kelch
 der roten Wand
 Drei Finger drücken
 eine Wölbung um
 den fetten Rand
 mit einem Draht
 trennt er den Boden,
 hebt ins Regal,
 wo Bretter schon
 sich unter Brüdern
 bogen
 Nach Tagen erstarrt die Form
 zu Krusten, und Staub
 entreibt sich
 prüfenden Fingern
 Holz duftet in Scheiten
 Eine Wand Wärme
 schmilzt aus des Ofen Mauern.
 Darin atmen Gestalten
 die Kraft des Walds.
 Im Feuer knackt's und knallt's.
 Einen Tag brennt das Feuer
 eine Nacht kühlt
 Ziegel und Fugen
 Aus buken die feinen Körper
 und des Töpfers Hand
 nahm aus dem kalten Brand
 die Geborstenen und die Geläuterten
 Rauh liegen sie
 in seinen Armen
 
 
 
    
 
 Dein letzter Ton, Vater
 
 
 Dein letzter Ton, Vater, auf meinen Lippen
 Mit meinen Fingern an Hebeln und Ringen
 bring ich hölzern Dein letztes Stück zum Klingen
 Mein Atem durchströmt Deinen Mund
 Ein schwarzer Seidenkordelbund
 hält ein hölzern Blatt in Schlingen
 Warme Klänge entströmen unsrem Mund
 Unsere Hände halten unsere Klarinetten
 
 
 
    
 
 Liebe
 
 
 Dein Blick Zedernholz
 Dein Auge schwarze Kohle
 Dein Kuß eine Flamme
 Brennen soll's
 
 
 
    
 
 Unordnung
 
 
 Ich fühle mich wieder so machtlos
 gegen den Drachen.
 Er hat sich bei uns in einem Zimmer
 eingenistet, und sein Schwanz reicht
 bis in den Keller.
 Treibe ich ihn aus dem Zimmer, zieht
 er sich winselnd in den Keller zurück,
 und wenn ich ihn dort stellen will,
 ruht er in seinem Zimmer.
 Stück für Stück werde ich ihm eine
 Schuppe abschneiden, bis er wehrlos ist,
 dann treibe ich ihn mit meinem Schwert
 aus dem Haus.
 Seine Schätze sind mir kostbar,
 aber ich will sie nicht, solange
 sie mir den Atem abschnüren.
 Bereits einmal habe ich ihn geritten,
 aber diesmal werde ich absteigen,
 bevor er tobt.
 
 
 
    
 
 Versüßen
 
 
 Versüßen die Küsse die Tränen
 Versalzen die Worte die Sonne
 Erlöschen die Sätze das Licht
 Erlieben wir uns die Wonne
 Entflammen ein strahlender Licht
 
 
 
    
 
 Messner
 
 
 Schlossen in den Bärten
 Zapfenlange Haare
 Abgefrorne Zehen
 9 ka em Himalaya
 
 Handgriff nach den Sternen
 Samenkorn am Fels
 überleben in den Firnen
 Schwazer Azurit
 
 Geizige Luft in der Brust
 Einige Felsgriffe nah
 trinkt Sauerstoff wie Wein
 Hängen in den Wänden
 
 Bruder bleibt immer da
 
 
 
    
 
 Sommerliebe
 
 
 Du bist der Rhythmus des june
 
  bist das Feuer des jule 
  bist die Hitze des august Du gibst mir langen High Noon
 
 Du bist die Flamme des Sommers
 
  die über Felder hinrollt 
  bist meine einzge reiche Ernte 
  die unser Sein uns vergolt 
  bist gedroschenes Korn 
  das auf dem Holz im Goldglanz blinkt 
 Wir fassen unsere Hände
 
  die Kinder hintdrein wir nehmen die reiche Ernte
 
  und wärmen uns für den Winter ein 
 
 
    
 
 Meine goldene Perle
 
 
 Meine goldene Perle
 auf schwarzgrünem Moos
 beträufelt vom Regen
 legt Wurzeln braun bloß
 
 Meine gestreckte Tanne
 auf gespaltenem Fels
 Klammert in Rissen
 bricht Felssteine los
 
 Mein starker Felsen
 getrennt von seinem Berg
 Ich such Deine Nähe
 und find Dich nicht mehr
 
 
 
    
 
 Aus Dresden
 
 
 Aus Dresden
 eine Schneeflocke
 schwarz
 mit Buchstaben
 versengt
 
 sie schreit
 "Ihr müßt fort!"
 
 
 
    
 
 Drei Kontinente
 
 
 Drei Kontinente
 brennen
 Afrique im Staub
 Europe in Städten
 Asien in Nippon
 
 Dort gehen drei Sonnen auf
 
 Drei Kontinente brennen
 
 Ein Meer aus Luft
 saugt
 die Asche auf
 Die Winter werden kalt
 
 Asche
 
 Wasser kondensiert
 Eis kristallisiert
 
 Weißes Leichentuch über
 Eurasien
 
 
 
    
 
 Jacqueline III
 
 
 Wenn Du wanderst
 entrollen Deinem Weg die Kiesel
 Wenn Du jubelst
 singen alle Himmelsvögel auf
 Wenn Du lachst
 entspringt Deinen Füßen ein Fluß
 Wenn Du liebst
 gehen die Sonnen auf
 und die Welt wird still
 
 
 
    
 
 Susi
 
 
 nur ein Aug im Gesicht
 liebte sie mit vier Jahren
 kraulte in strohblonden Haaren
 verkniff mir ein Aug
 tat als säh ich's nicht
 
 Sie hat mir immer zugehört
 störte nicht in meinem Bett
 Sie war ganz zahm
 und rührte sich nicht
 
 Ein Tag zerriss alle Fesseln
 allein
 glaubt ich stark zu sein
 ließ alles hinter mir und weg
 
 Heut seh ich ein Aug
 ganz tief innen
 in meinem Gesicht
 
 
 
    
 
 Erlabrunn
 
 
 30 Handwerker
 und Knechte
 am Ufer des Mains
 Verschalung
 Beton und
 Sand
 am Kiesstrand
 
 Sie trieben Pfeiler
 in Granitgrund
 und gossen Beton
 in gezimmerte Schächte
 
 gossen ein weiteres Stück
 des Mains
 in ein neues
 Bett
 
 
 
    
 
 Brigitte B. R. 5.2.98
 
 
 Dein Schweigen schreibt Briefe in die Luft,
 die ich nicht lesen kann
 Die steifen Finger Deiner Hand
 flüstern Worte, die mich nicht erreichen
 Meine Einsamkeit ist meine,
 und wir sind drei
 Ein Telefon wartet im Flur
 auf einen Anruf von Dir
 Deins wispert keine Worte von mir
 und es reicht das Kupfer von mir zu Dir
 Ich bin nicht das geworden in meinem Sinn
 Doch ich lebe und handle und lebe darin
 In Deinen Fingern wartet meine Nummer
 Tag und Nacht
 
 08 07 1 / 97 58
 
 
 
    
 
 Alter Main
 
 
 Ich hätt schon gern gewußt,
 wie das vor achtzig Jahren war
 als der Main zufror wie ein Brett
 oder die Badeanstalt
 ihre Abteilungen öffnete,
 männlich, weiblich
 
 getrennt
 
 Die Schneeschmelze
 im reißenden Strom
 (heute elektrischer Strom
 und Schleuse)
 
 und Gefiederte
 mit Kind und Kegel
 dann die grauen Schwäne
 und der Anlauf
 über den Wasserspiegel
 
 Die Vögel habe ich noch gesehen
 aber auf Eis
 den Main rübergehn
 wird nimmer geschehn
 
 
 
    
 
 Märzenbecher
 
 
 Du tatest in den Bechern liegen
 die der März Dir kredenzt
 Du konntest den Nektar lieben
 dessen Duft Dich lieb umlenzt
 
 
 
    
 
 Schwanenschwingen
 
 
 Der Schwan rüttelt die Schwingen
 tritt Wasser nach unten hinab
 beginnt mit spritzenden Schritten
 seine Schwingen auf und ab
 
 Er läuft den Main wie auf Straßen
 zuletzt fallen Tropfen herab
 es singt sein weißes Gefieder
 pfeift Schwingen auf und ab
 
 Der Schwan verbirgt seine Flossen
 zieht eine Kurve den Fluß hinab
 verklagt ein heiseres Singen
 zieht Schwingen auf und ab
 
 Ihm folgt seine treue Gefährtin
 tritt Wasser nach unten hinab
 beginnt mit spritzenden Schritten
 ihre Schwingen auf und ab
 
 
 
    
 
 Die Schmiede
 
 
 In meinem Schoß liegen sie alle
 die mit meiner Glut erwärmt
 die von mir mit Zoll und Elle
 zur weißen Glut gebrämt
 
 
 Ich erdulde
 Ich ertrage
 Ich verschmerze
 
 Wo ist des Erzes Kraft
 Die mich zum Hammer macht?
 
 
 Ich schwinge mit klingender Macht
 auf das, was bald verklingt
 Ich habe Klingen hervorgebracht
 die jede Schlag für Schlag
 meine herben Lieder singt
 
 
 Ich liege zwischen beiden Mächten
 und weiß noch nicht, was ich werd
 Sie wollen mich beide richten
 und verglühe zwischen Esse und Werk
 
 
 Ich bin das Weihwasser göttlichen Gleißens
 so härtet meine Macht mit Dampf glühendes Eisen
 
 
 Der Blasebalg heizt bis zur Weißglut die Esse an
 bis ich den Rohling mit der Zange nahm
 
 In meinen Fäusten gelingt jedes Ding
 so wie ich den schweren Hammer schwing
 der vom Amboß lang schon erwartet
 den ich mit viel Kraft zerschartet
 von den Schlägen, die das Ding annimmt
 das unterm Hämmern von meinen Liedern klingt
 
 Dann zischt der Dampf aus kaltem Liquid
 Ich hämmer und härte, ich bin hier der Schmied!
 
 
 
    
 
 Flamenco
 
 
 In einem Garten sprüht ein Feuer
 aus Musik und leichten Schritten
 Die rote Flamenca dreht ihr Kleid
 Ihre elegante Hand ruht
 in den schmalen Fingern
 eines galanten
 Spaniolo
 
 Castagnetten begleiten die Flamme
 aus illuminierten Schleiern,
 rotem Haar
 und einem Gesicht wie Alabaster
 
 Der Tanz verlischt und flackert wieder
 Glatt umschlingen Banjolos die beiden Seelen
 mit glühenden Klängen
 
 Die Sonne sinkt rot unter leuchtende Wolken
 Im Licht der Lampinos umschlingen sich schluchzend
 Spaniolo und Flamenca
 
 
 
    
 
 Ein Kelch
 
 
 Der Kelch ist geformt.
 Er wird gebrannt.
 Ein Kaufmann nimmt ihn mit
 auf seine langen Reisen
 
 Der Reiswein Chine
 Der Bordeaux de France
 Der Purpur Hispania
 Der Whiskey Amerique
 
 Tropfen blieben hängen
 und Erinnerung
 Eine schlierige Patina
 überzieht den tiefen Grund
 
 Der Kaufmann stürzt fällt
 der Kelch in Scherben
 
 Ein Mädchen sammelt Splitter
 kittet daraus ein neues Leben
 
 Ein Strauß Feldblumen
 läßt seine Sporen zurück
 
 Ein Bruderkuß wird gefeiert
 mit Wein und Rot
 
 Mit Wein und Weiß
 Schleierweiß
 verziert er eine Vitrine
 
 Bis der Kreis von neuem beginnt
 
 
 
    
 
 Erfüllte Magie
 
 
 Ein Zauberstab führt meine Feder
 rührt und wandelt Tinte in Worte
 Und wie die schwarzen Tropfen trocknen
 schreiben Tränen Zeichen aufs Papier
 
 
 
 Wie kann ein Dichter ein Bester sein?
 Fallen anderen nicht auch Worte ein?
 
 
 
    
 
 Die Frau mit dem sonnigen Haar
 
 
 Die Frau mit dem sonnigen Haar
 schritt mir in einem Gang entgegen
 ihre Hand mit eschgrauem Moos
 legte sie mir in den Schoß
 
 Die Sonne wirbelte durch fahle Zimmer
 und wieder entsprangen Narzissen
 nebst meinem Fuß aus brauner Erde
 aus der Erde Allee moosgrauer Eschen
 
 
 
    
 
 Teich
 
 
 Ein Teich linste weiß
 aus fadenscheinigem Eis
 
 Schilfinseln ließen Land erblicken
 in dem schmutzigen Kreis
 
 Wo Quellen entstiegen grünem Eis
 rippten Spitzen den Rücken
 
 Schnee versiegelte weiß auf weiß
 einen Kreis aus grauem Eis
 
 
 
    
 
 Grübeln
 
 
 Grübeln ist
 Schreiben mit schwarzer Tinte
 auf schwarzem Papier
 
 
 
    
 
 Ketten
 
 
 Meine Ketten sind keine Fesseln.
 Sie binden mich an anderer Ketten.
 Bin ich entfesselt, halten sie mich.
 
 
 
    
 
 Cumulus Stratus
 
 
 Sie hängt ihre grauen Haare
 über locker kämmende Berge
 Sie tränkt mit großer Hand
 das Leben auf der Erde
 
 Ihr bleiches Haupt trägt sie in Wolkenzirren
 weiße Schleier umwirbeln und verwirren
 ihr den klaren Blick auf das Sonnenaug
 Ihr schwerer Bauch gebiert mit Donnerschmerz
 ein doppeltes, ein regenbogenfarbenes Herz
 
 
 
    
 
 Schwarz, mein Vater
 
 
 Schwarz der Stoff in ihren Händen
 Schwarz das Holz mit Klappenblenden
 Schwarz Dein Haar wie der Talar
 Schwarz Dein Smoking tam tam tata
 
 Die Kirche hielt Dich in ihren Händen
 in ihren Wänden solltest Du beten
 Die Hebel tanzten andern ein Ständchen
 Rock'n Roll tanzte man im kleinen Städtchen
 
 Die Kirche machte Dir Feuer unter'm Hintern
 lerntest mit Slawistik das Überwintern
 Du bautest ein Haus in der großen Stadt
 Die Stadt, die Dich geborgen hat.
 
 Am Ende hattest Du Frau, drei Kinder
 Ich sah gerade so drei Winter
 Da erstarrte Dein Blick, wie Dein Blut
 Dein Leben zu Ende. Vorbei Deine Glut.
 
 
 
    
 
 Deine Worte
 
 
 Worte Deinem Mund entsteigen glühende Sonnen
 Sie spielen mich fange sie auf Licht geronnen
 Sternengeschmeide Poemdiadem Lichter schneiden
 Diamanten im Staub eines strahlenden Lichts
 Brillianten streifen mittagsgestirnlange Sätze
 Buchstaben in Jonquailefarbnem temperieren
 Berge des Lichts Schätze gleißender Verse
 
 
 
    
 
 
 Magie, Wald
 
 Erde und Sonne schießen Bäume in den Himmel hinauf
 Wasser tropft nach unten Blätter schlucken auf
 Waldgeister leben in Arme und Zweige hinein
 Irrlichter streben nach Fremden in ihrem Schein
 Kobolde klopfen Rinde und Bast von Bäumen los
 Elfen singen geisterhafte Lieder im Moos
 Gnome graben unter Wurzeln nach Salz im Stein
 Zwerge schlagen Gänge in die Berge hinein
 Wichtel zieht es schon immer in die Stadt
 Der Zauberer riegelt im Schloß sich ein
 Die Feen setzen ihre Schlößer in Blumen hinein
 
 
 
     
 Schlangengift
 
 
 Jeder Tag trägt ein eigenes Gift
 die Schlange schleudert's Dir ins Gesicht
 Es sind ein paar Worte, sie fallen ins Ohr,
 und die Ahnung holt schlimmste Gedanken hervor
 Was bleibt, wenn das Mühlrad sich dreht,
 bis zum Einschlafen ist es spät
 und der Gedanke peinigt Dich
 bis in die Nacht
 hab Acht
 wenn Du bis zum Morgen wachst,
 wird die Schlange zum Drachen
 und Du siehst nur noch die bösen Sachen
 Schenk einem Märchen, Deinem Kind Dein Ohr,
 es holt die schönsten Sachen hervor
 und läßt Dich lachen
 
 
 
    
 
 Seine Rüstung
 
 
 Parzival, vertraue Deiner Rüstung.
 Du hast sie Dir im Zweikampf erworben.
 Arthur ließ sie Dir, auch wenn Du
 nicht ritterlich gekämpft.
 Man hat Dir verziehen.
 
 Deine Mutter lehrte Dich nicht
 die höfischen Regeln
 oder die des Turniers
 
 Glänze in Deiner Rüstung, Ritter.
 Außen ist sie voll Glanz und Rot.
 Das Rot des Rosts im Innern
 sehen die von draußen nicht.
 
 Gawain brachte Dir die Regeln
 des Kampfes und der Minne bei.
 Du kämpftest und wardest nie besiegt
 
 Kämpfe in Deiner Rüstung, Recke.
 Es gilt das Größte auf der Welt
 zu finden und zu erobern.
 
 Vergiß nicht, die Frage zu stellen, Parzival.
 
 
 
    
 
 Schneeflocken
 
 
 Eine kalte Welt, und die Schneeflocken
 sie tragen keinen Mantel, keinen Schal
 Sie sind erstarrt in ihrer Kälte
 Sie gibt ihnen keine andre Wahl.
 
 Sie warten.
 
 Eine warme Welt, und die Regentropfen
 schlüpfen in die Bäume, in jedem Tal
 Sie sind so quick in ihrer Wärme
 Sie verloren jede Härme.
 
 Sie leben.
 
 Warum kann die Welt nicht immer wärmen?
 Müssen wir uns immer in der Kälte härmen?
 Gebt uns doch eine Welt, die nicht gefriert
 Gebt uns doch eine Welt, die Leben gebiert.
 
 Gebt uns doch die Wahl.
 
 
 
    
 
 Blaues Blut
 
 
 Jeder Tag verletzt mich
 an meiner Ferse
 Mein Schwert ist nur
 eine Feder
 Sie schreibt blau wie Blut
 wie das Blut der Flut
 Aus meiner Ferse
 schwellen zahllos
 Pferde meiner Verse
 Hunde bellen
 an meiner Ferse
 Sie haben Blut geleckt
 Blaublut
 mögen sie nicht
 Adern schimmern blau
 unter meiner nackten Haut
 doch sie riechen mein
 rotes Fleisch
 Ich reite den Fuchs
 und bade im Blut
 und Blau
 des Drachen
 
 
 
    
 
 Stummer Mond, mein Kerker
 
 
 Der stumme Mond ruft mich nicht.
 Er ist schwarz, verhüllt sein Gesicht.
 Er bedeckt die letzten Sterne,
 mein Ausweg aus Silber.
 Sein Dunkel hat mein Feuer versiegen
 lassen.
 Er deckt es mit keinem seiner Blicke.
 Der Mond ist mein Kerker.
 Er ist dunkel und still.
 So warte ich darauf,
 daß eine wochenlange Nacht
 zuende gehn will.
 
 
 
    
 
 Ein goldener Schuß
 
 
 Ein goldener Schuß
 fährt in meine Feder
 Sie legt nieder
 was ich schreiben muß.
 
 
 
    
 
 Babylonische Städte
 
 
 Im Feuer entstanden sie
 Im Feuer verschwanden sie
 
 
 
    
 
 male Dichte
 
 
 male Dichte
 dichte Male
 
 
 
    
 
 Flieger
 
 
 Flammende Speere schlitzen den Himmel
 Brennende Keile durchdonnern das Blau
 Geflügelte Pfeile schwirren von Osten nach Westen,
 durchschneiden Azur von Nord nach Süd
 
 Drachen dampfen segelnd über den Meeren,
 erzittern die Wellen unter kreischendem Röhren
 Schreiend werfen sich Vögel in die Lüfte hinauf
 schlagen die Luft mit kondensierendem Feuerhauch
 
 Schwebend ersteigen die Flieger die Höhe
 die Düsen brennen Kilometer hinaus
 Sie landen leicht auf langen Bahnen
 Unversehrt steigen hier Passagiere aus
 
 
 
    
 
 Dubrownik
 
 
 Dubrownik -
 
 Stadt an der Adria
 mit sicherem Hafen
 sicherer Wehr
 
 Dubrownik -
 
 als wir uns trafen
 war eine Schlüsselstunde
 doch Du öffnetest kein Tor
 
 Dubrownik -
 
 ich habe Dich
 in einer anderen Stadt
 gesehen
 
 Dubrownik -
 
 ich schrie nach Dir
 Du schienst mich
 nicht zu hören
 
 Dubrownik -
 
 ich liebe
 Deine römische Eleganz
 die nachtschwarzen Fenster
 
 Dubrownik -
 
 wir werden uns wiedersehen
 dann öffnest Du mir das Tor
 und wir erforschen Winkel
 und Gassen
 
 Dubrownik!
 
 
 
    
 
 Kohlen
 
 
 Deine schwarzen Kohlen
 legtest Du mir vor
 
 ich gab Dir das Feuer
 zu brennen
 
 Du glühtest in mir
 
 Wir wärmten uns
 an Glut
 
 zwei Sterne
 in Hitze
 verschmolzen
 
 
 
    
 
 Gebenedeit
 
 
 Gebenedeit bist Du unter den Frauen
 und gebenedeit ist die Frucht Deines Leibes
 
 
 
    
 
 Schwarzer Vogel
 
 
 Der Wind brachte Deinen Flug,
 schwarzer Vogel
 
 Der Frühling schwang
 unter Deinen Flügeln
 
 Unter meinen schlief
 ein Kind
 
 Du flogst durch die Rosen
 ich darf Dich nicht pflücken
 
 Flieg, schwarzer Vogel
 oder Du schlägst mich
 
 blind.
 
 
 
    
 
 Schwarze Rose
 
 
 Nie seh ich Dich wieder,
 Schwarze Rose.
 
 Dein lippenrotes Zentrum
 entzündet keine Flammen mehr.
 
 Schwarze Schlangenaugen
 im Geflecht Deiner Dornen
 heischen nicht mehr
 um meine Blicke.
 
 Ungebrochen wirst Du welken,
 schöne Blume.
 
 Ich kenne einen Rosengarten,
 darin meinen Stock.
 
 Meine Rose liegt
 in weißen Federn.
 
 Meine Lippen tränken sie
 um all ihre Pracht.
 
 Ade, schwarze Rose.
 
 
 
    
 
 Weiße Rose
 
 
 Weiße Rosen
 sanken vom Himmel
 in Dein Lied hinab
 
 Weiße Rosen
 schloßen Tür
 und Fenster ab
 
 Auf Kalk
 blühten weiße
 Rosen
 
 pflücktest
 weißen Rosenstrauß
 
 weiße Rose
 
 
 
    
 
 Rote Rose
 
 
 Rote Rose
 schwarzes rotes Rosenkind
 
 Blütenblätter
 verwehen schwarz im Rosenwind
 
 Schwarze Dornen
 reizen rotes Rosenblut
 
 Schwarze Rose
 errötest in der Sonnenglut
 
 
 
    
 
 Reiz mich nicht
 
 
 Reiz mich nicht, schwarze Rose
 Deine Reize umdornen mich
 
 Ich habe den Rosengarten verlassen
 Doch immer noch stichst Du mich
 
 Ich pflückte so gern Deine Blüten
 So gern ließen wir uns bluten
 
 Dein schwarzer Humus trägt nur Dich
 Dein roter Stempel empfängt nicht mich
 
 Du wärmst Dich in meiner Sonne
 mein Blut ist im Stock geronnen
 
 Meine Wurzeln schlagen aus am Inn
 immer noch zieht es mich zu Rosen hin
 
 Dein Gärtner pflegt dich, mein Kind
 nach einer anderen Rose steht mir der Sinn
 
 
 
    
 
 Berlin
 
 
 Berlin,
 
 Der Potsdamer Platz
 ist in die Höhe geschrumpft
 
 Die japanische Sonne
 grüßt einen Dreistrahlstern
 
 Das Adlon empfängt wieder Gäste
 irgendwo liegen Bunkerreste
 
 Graue Schwäne kräuseln die Wellen
 der jungen, der umgrünten Spree
 
 Am Wannseeufer streut sich Altpapier
 neue Zeitungen in spe
 
 Das Regierungsviertel
 achtelt die Stadt
 
 Der Kreuzberg trug Halbmond
 Heiden siedeln sich an
 
 Pankow zersiedelt von Villen
 keine Karte erkannte sie an
 
 Am Krebs einer Leber
 in Chile starb ein Staat
 
 
 
    
 
 Mein Schlaf
 
 
 Warm in meine weichen Wurzeln
 ziehe mich schlummernd zurück
 
 Das Krumenbett trägt mich leicht
 
 Erinnerung an tausend Äste
 bringt erst ein neues Frühjahr
 
 Der Wind wir sehnen uns nach Berührung
 
 Ich trinke feuchtes Muschelwasser
 meine Kraft in meinem Körper verborgen
 
 Ich wuchs in Millionen Blättern
 
 Der Winter trägt mich sanft in seinem Eis
 
 
 
    
 
 Neumondauge
 
 
 Neumondauge
 Saturniris
 Milchstraßenweiß
 eine Apollo
 in Deinen Kosmos
 
 
 
    
 
 Meine Haut
 
 
 Meine Haut ist wieder dünn
 Du siehst mich drin hindurch dahin
 Deine schwarzen Augen
 brennen Löcher in mich hinein
 Du bist so weit weg
 und bist doch hier daheim
 
 
 
    
 
 Burgfräulein
 
 
 Haare wie Weinlaub
 Augen wie goldener Wein
 Du sprichst von Liebe
 Komm, laß es sein
 Burgfräulein am Rhein
 
 
 
    
 
 Augen in Schwarz
 
 
 Was perlen Deine Augen vor Schwarz
 Welcher Satz liegt in ihnen gemurmelt?
 Die klugen Augen kullern meine Tränen
 verkungelt mit meinem Augenblau
 Der Himmel kollert in die Hölle
 die Hölle kann nicht der Himmel sein
 und seh ich doch in schwarze Augen
 in den blauen Himmel hinein
 
 
 
    
 
 Dein Blau ist mein Blut
 
 
 Neugeborener Mond
 Du sammelst Dein Licht
 zur Hälfte
 von meiner hellen Ernte
 Dunkle Keime säst Du
 in meinem Hof
 
 Dein Blau ist mein Blut
 Du strahlst
 von meiner Schwärze
 Einen Tag
 hast Du geschlafen
 vierzehn Tage
 schlafe ich
 
 
 
    
 
 Geisterstunden
 
 
 Du hast Dich in mein Auge eingebrannt
 An meinem Herzen brennst Du leicht
 Verbrennst mich leichter als ein Feuer
 Fegefeuer gab mir Dein Auge
 Warum brennst Du gerade hier?
 
 Die alten Narben sind aufgebrochen
 Du bist das Salz in diesen Wunden
 Geschunden hat mich Deine rauhe Stimme
 Meine Sinne verfackeln im Elmsfeuer
 im grünen Licht von Geisterstunden
 Was hast Du mir mit Deinen Augen angetan?
 
 
 
    
 
 Puppenaugen
 
 
 Du hältst meine Welt in Deinen Augen
 Deine Augen heben schlecht mich auf
 Schlag doch Deine Augen nieder!
 Immer wieder gehen sie auf.
 
 
 
    
 
 Zwei schwarze Murmeln
 
 
 Zwei schwarze Murmeln in meinem Glas
 Viertausend Kugeln - und dann das!
 
 
 
    
 
 Eure schwarzen Augen
 
 
 Eure schwarzen Augen
 sind schwarze Löcher
 im Zentrum
 Eurer weißen Galaxie
 
 Eure schwarzen Augen
 verschlingen blaue Sterne
 im Zentrum
 Eurer schwarzen Energie
 
 Eure schwarzen Augen
 sammeln weiße Sterne
 ihr Zentrum
 in Euer Genie
 
 Löscht schwarze Augen
 meine Sterne
 ins Zentrum
 nicht oder nie
 
 
 
    
 
 Deine...
 
 
 Deine schwarzen
 langen Haare
 
 Deine schwarzen
 klugen Augen
 
 Deine roten
 langen Haare
 
 Dein roter
 süßer Mund
 
 Deine weißen
 weichen Wangen
 
 Und Deine weichen
 weißen und
 
 Deine roten
 spitzen und
 
 
 
    
 
 Der dunkle Mond
 
 
 Der dunkle Mond am Himmel
 Sein Gesicht der Sonne zugewandt
 Macht meine leichte Minne
 zum Diskantdreiklang
 
 
 Der dunkle Mann im Mond
 wird von der Sonne ausgebrannt
 führt meine schweren Sinne
 zu atonalem Klang
 
 
 Die runde schwarze Sichel
 trägt einen Geisterring
 wie ein falsches Lächeln
 in ihrem Gesicht darin
 
 
 Die runde schwarze Fessel
 bindet mich an Luna an
 Sie brennt wie taube Nessel
 an meinen Geist heran
 
 
 
    
 
 Sternenfeuer
 
 
 Ich reib am Stein
 er zündet und sprüht
 Funken fliegen in der Flamme
 und ziehn wie Sterne
 einer Galaxie
 
 Ich vergeß Dich nie
 ich zünd Dir die Sterne
 am Himmel an
 wir brennen wie Flammen
 in einem Feuerrad
 
 
 
    
 
 Vogelfrau
 
 
 Vogelfrau
 in meinen Auen
 laue Luft
 blau meine Augen
 Dunkle Deine
 lauf
 aus meinen Auen
 aus meinen Augen
 blau
 meine Luft
 
 
 
    
 
 Diamond
 
 
 Where Diamond
 When Diamond
 How Diamond
 
 my friend
 
 Black Diamond
 
 never
 
 my friend
 
 
 
    
 
 Blau
 
 
 Blau
 baumeln meine Beine
 blau
 in einer See der Wolken
 Blau
 mein Blick
 im Blau
 Azur des Traumes
 blau
 mein Auge
 blau
 mein Blick
 Schwarz
 kehrt nie zurück
 
 
 
    
 
 Freundschaft
 
 
 Zwei Hände berühren sich an ihren Fingern
 Sie spreizen umschlingen sich zu einer Faust
 Aus diesen Gelenken erwächst eine Freundschaft
 In solch festen Gliedern breitet Freiheit sich aus
 
 
 
    
 
 Keltin
 
 
 Deine Nase kenne ich
 von den Griechen
 Dein Gesicht von den Kelten
 Deine Haare - Italienerin
 uns trennen Welten
 
 Einmal im Monat steigst Du zu
 beobachtest mich
 in Deinen Schemen
 ich argwöhne Erinnerung
 Tanz
 Deine Kleiderthemen
 
 Ich sehe Dich
 auf dem Besen reiten
 Schmuck aus böhmischer Glasrepublik
 
 Du trägst meine Wurzeln
 dahin geh ich nie zurück
 
 Der Weg trennt uns
 vor entfiederter Zeder
 
 
 
    
 
 Trauer
 
 
 Trauer um Deine Augen
 Trau Deinen Augen
 Trauernd Deine Augen
 Trau Deinem Aug
 Spor und Flor
 Tränen in Deinen Augen
 
 
 
    
 
 SPORA
 
 
 SPORA ET FLORA
 
 
 
    
 
 Genesis
 
 
 Eine mit Schatten soll es sein, Herr.
 überall dunkle Stellen, Herr.
 Erschaffe das Licht, Herr -
 
 
 
    
 
 Schmerz
 
 
 An der Stelle.
 der ich Euch
 entstamme,
 wütet ein Schmerz
 Eine Hälfte von mir
 bleibt leer
 Sie brennt nach dem,
 der zu früh ging
 Ich bleibe.
 
 
 
    
 
 Stufe
 
 
 Wer eine Stufe höher steigt,
 muß auch über ihre Kante.
 
 
 
    
 
 Feindschaft
 
 
 Feindschaft
 - eine ganz besondere Liebe
 
 
 
    
 
 Ich wünsch Dir einen Mittelweg
 
 
 keinen kalten Winter
 keinen heißen Sommer
 
 Genug Kraft für Deine Schwäche
 Genug Schwächen für Deine Stärken
 
 keine langen Märsche
 schöne lange Wege
 
 
 
    
 
 Unsere Waldwurzeln
 
 
 Wir kommen auf Deinen Wurzeln daher
 uns tränkt Dein sprudelndes Wasser
 Wir tanzten in Deinem Laubdach einher
 Dein Sein machte uns viel wacher
 
 Wir essen von Deiner Wurzel Schollen
 die Du hinterließt nach all dem Brand
 Wir lesen von ihr der Früchte Knollen
 zerfällt die Erde auch zu Sand
 
 Dein grünes Herbarium ziert unsre Städte
 wir lesen schon lang keine Früchte mehr auf
 Doch sonnen wir uns an Deiner Stätte
 und fangen das Licht der Sonne auf
 
 Du hast Deine Wurzeln zu unsern gemacht
 wir spüren sie in unseren Füßen
 Wir haben in Deinem Schatten gelacht
 aus der Ferne wir Dich nun grüßen
 
 
 
    
 
 Wald
 
 
 Wald unter meinen Füßen
 Bäume greifen
 durch Silberstreifen
 nach blauen Inseln
 
 Laub streut
 durch Heidelbeeren
 Blätter aus
 
 Sie reifen
 vergären
 den Sommer
 zu einem violetten
 Wein
 
 
 
    
 
 Dualismus
 
 
 Gotische Mauern
 mit Arabesken
 Arkaden
 der Mauren
 
 Embleme
 spanischer Kultur
 Burgen und Gärten
 der Wüstennatur
 
 Arkaden
 mathematischer
 Ornamentalistik
 
 Orient und Okzident
 Treffen in Gotik
 Treffen in Moscheen
 
 Hagia Sofia
 gehegte Filamente
 im Schnitt
 der Doppelkultur
 
 
 
    
 
 Jüngling
 
 
 Wäre der Mond ein Jüngling
 aus Elfenbein
 ginge bloß über die Wege der Nacht
 
 sein Horn aus Silber fein
 im Schatten rot und kraft
 strahlte lockend ins Dunkel ein
 
 Er hätte Sohlen aus Sonnenfeuer
 einen Leib wie Alabasterbast
 er wetzte ihn an den Wäldern
 
 Der Mann im Mond
 trüge ein Bündel
 mit Gewand aus schwarzem Stoff
 
 zwei Hände voll zieht er es über
 zwei Hände voll ohne darüber
 
 Zwei Hände voll zieht er die Wege
 einmal im Monat und sonst jede Nacht
 
 
 
    
 
 Jacqueline IV
 
 
 Leicht wie eine Feder
 Haare noch wie Flaum
 Marmoriert der Körper
 
 Haare Glanz wie Goldblatt
 Der Körper eine Zeder
 Stimmenglockenklang
 
 
 
    
 
 Unendlichkeit
 
 
 Nimm die Acht
 oder nimm die Null
 Nimm einen Kreis
 oder das Symbol
 der Unendlichkeit
 
 Du gehst an einem Punkt los
 startest da, wo Du zuhause
 und gehst im Kreis.
 An den einen Punkt zurück.
 
 Doch Du gehst nicht zurück.
 Du schreitest voraus
 an den Ort, wo Du begonnen.
 Wo Du begannst.
 
 Nimm eine Linie
 in die Unendlichkeit mit.
 Sie besiegt Dich
 durch Dein kurzes Leben
 
 und Du kehrst zurück
 im selben Weg
 geschlagen
 durch die lange Zeit.
 
 Du erschreitest wieder
 Deine uralte Erinnerung
 und weißt
 woher Du kommst
 
 Wenn Du einen Kreis
 umschritten hast
 kennst Du den alten Punkt
 mit neuer Erinnerung
 
 und knüpfst neue
 Nullen und Achten
 
 Anuliere nicht die Acht.
 Achte die Null.
 
 Verbinde diese alten Elemente
 immer wieder aufs Neu
 
 Aufs Neu wirst Du alte Punkte
 erreichen
 
 Nie werden alte
 den neuen je gleichen.
 
 
 
    
 
 Die kleine Meerjungfrau
 
 
 Wogen bauschen sich bäumend im Sand
 Wellen zerstieben zerstäuben an Land
 
 Furios brechen sie an Klippen auf
 Fetzend krachen sie am Fels hinauf
 
 Rhythmisch stampfen sie unter dem Schiff
 Mythisch klampfen sie es an ein Riff
 
 Tsunamisch fegen sie über Städte
 Taifunisch zerlegen sie diese Stätten
 
 Mein Kind badet im Meeresschaum
 Die Elfen der Nixe, man sieht sie kaum.
 
 
 
    
 
 Dices
 
 
 You play dice
 And I roll
 
 You win twice
 And I fall
 
 
 
    
 
 Vergangenheit
 
 
 Registriere nicht die Jahre
 Tu es mit der Erinnerung
 
 
 
    
 
 Odysseus
 
 
 In Spannung rund der Bogen
 
 Acht Ösen zielt der Pfeil
 
 Zum Ziel ist er geflogen
 
 Durchsprang er jedes Beil
 
 
 
    
 
 Flamme
 
 
 Mir Flamme
 Vom Herzen
 zum Schambein
 über die Lippen
 
 Ich brauche!
 Liebe.
 Suche.
 
 Der flammende Punkt
 drückt zu Dir
 schönen Frau
 
 Bein an Bein
 Lippen an Lippen
 
 Den nächsten!
 Ich brauche!
 Lippen.
 
 Das an Deinen Rippen
 Küß mich. Dich.
 
 Rippen an Rippen
 Scham an Scham
 Lippen an Lippen
 
 Du drückst in mir
 mich hinein
 
 Wir lieben!
 
 
 
    
 
 Olive
 
 
 Olivenöl füllt Becher den Krug
 Glucksend sanft fällt Öl ins Oval
 
 Bittere Beere an weißgrauem Stamm
 Gedeckte Frucht von silbernem Blatt
 
 Wie Lorbeer schmiegst am Gaumen Du an
 Duftest wie Zypresse wie Harz
 
 Im Krug pendelt glatt Deine Glut
 Grün Blut nährst Du die Flamm
 
 Gelb Salbung glänzen athletische Körper
 Schwarz Kernung blakst schwer die Muskeln auf
 
 Grünsilberner Schnee an attischer Küste
 malst olympische Stätten weiß an
 
 Gelber Schwamm Gepreßt die Olive
 Triefend vor Kraft tropft das Holz
 
 füllt Olivenöl eichenen Becher
 Drückt den Krug schwer in die Erde
 schwer wie das Blut
 
 
 
    
 
 Frühstück
 
 
 Ich hab Kaffee gemacht
 und der Teekessel pfeift
 
 Die Butter schmilzt
 und der Käse reift
 
 Die Marmelade duftet
 und die Eier sind weich
 
 Ich hab gelüftet
 und der Honig verfließt
 
 Die Brötchen vom Bäcker
 Das Baguette genießt
 
 und es streut sich der Zucker
 Die Kresse sprießt
 
 Magst Du ein Ei
 fünf Minuten weich
 
 magst Du ein Brot
 mit Butterstreich
 
 Der O-Saft gluckert
 die Milch ganz bleich
 
 Aufstehen!
 Frühstück ist fertig!
 
 
 
    
 
 Phorsythien
 
 
 Die Phorsythien
 haben Dich nicht vergessen
 In Deiner Heimat
 flanken sie südlich Dich an
 
 Gelb fragt ihr Gewissen
 in den Blüten
 steht
 ein alter Mann
 
 Wie jedes Jahr
 wenn Du besuchst
 tritt er in das sonne
 mit Vatergemüt
 
 Er sieht Dich an
 Du siehst ihn nicht
 tritt an Dich ran
 ich seh sein Gesicht
 
 Gelb flammen loh
 die Wellen am Zaun
 reich ihm die Hand
 verschränkt den Daum
 gebt Euch die Hand
 es wird Euch froh
 
 
 
    
 
 Pfurz
 
 
 Jedes Böhnchen gibt ein Tönchen
 Jedes Ei gibt zwei
 Jede Tomate eine Sonate
 Eine Operette jede Pepperonië
 
 
 
    
 
 Spatzen, Bahnhof am Bodensee
 
 
 Spatzenaugen schmettern Brosamen in der Luft
 Braune Kugel wartet auf einen warmen Zug
 Spatzenfetzen schwirren durch die Büsche
 Huschen am Bahnsteig um Brösel um Brösel
 Springbrunnen spritzen über die Geleise
 Eine Hand ohne Brot verschmäht die graue Schar
 
 
 
    
 
 Paco
 
 (ein spanischer Freund, Chirurg)
 
 
 Dein Auge
 hinterm Fischeglas
 schwarz
 gespannt wie Obsidian
 scharf
 wie ein Skalpell
 rot
 kennt es alle Fasern
 rot
 hinterm Aug
 die Zeit
 der Strafen
 
 
 
    
 
 Vater
 
 
 Dein Grabstein gebeugt
 Deine Knochen zerlesen
 Alles verloren
 was Du gewesen
 
 Du hast erzeugt
 einen vollen Ton
 die Klarinette
 und Deinen Sohn
 
 Wenn Du nun
 durch die Lüfte wandelst
 oder Du
 die Wasser durchziehst
 
 bin ich es,
 der die Töne handelt
 wie Du
 der mich
 durch die Klarinette riefst
 
 
 
    
 
 Vögelhochzeit
 
 
 Ein Vogel wollte
 Hochzeit feiern
 
 Die Taube, die Taube
 trank heimlich in der Laube
 
 Der Kranich, der Kranich,
 der machte den Faßanstich
 
 Der Wiedehopf, der Wiedehopf
 trank einen auf seinen Schopf
 
 Der Stieglitz, der Stieglitz,
 der hatte einen hinten sitz
 
 Die Schwalbe, die Schwalbe,
 trank schnell eine Halbe
 
 Der Amsel, der Amsel
 suchte sich eine Mamsell
 
 Der Kuckuck, der Kuckuck
 trank Schnaps Schluck für Schluck
 
 Der Spatz, der Spatz,
 der trank alles auf einen Satz
 
 Die Schnepfe, die Schnepfe,
 die trank den Wein aus Äpfel
 
 Das Rebhuhn, das Rebhuhn
 tat nichts als Saufen sich antun
 
 Die Lerche, die Lerche,
 die trank auch in der Kerche
 
 Der Adler, der Adler,
 soff sich schnell zum Gratler
 
 Der Fink, der Fink,
 genehmte sich gern einen Drink
 
 Der Bussard, der Bussard,
 der trank den Wein so smart
 
 Der Geier, der Geier,
 versuchte sich mit Gereiher
 
 Der Reiher, der Reiher,
 rank nur Likör aus Eiern
 
 Der Star, der Star,
 trank die Magnum ganz und gar...
 
 Die Drossel, die Drossel,
 bekam aus keiner Flasch den Stopsel...
 
 Der Strauß, der Strauß,
 der trank sich aus dem Haus hinaus...
 
 Der Gimpel, der Gimpel,
 hat Schnaps in der Bibel...
 
 Rotkehlchen, Rotkehlchen,
 ward rot in ihrem Kehlchen...
 
 Der Dompfaff, der Dompfaff,
 trank Kirchenwein vom Pfaff...
 
 Die Nachtigall, die Nachtigall,
 trank allein die Bowle...
 
 Der Storch, der Storch,
 trank Obstbrand nur vom Lorch...
 
 Die Elster, die Elster,
 trank Korn von der Alster...
 
 
 
    
 
 Träne
 
 
 Eine Träne Salz hat Dich gezeugt
 Eine Träne Ovum Dich geborgen
 Eine Träne Meer Dich geboren
 
 
 
    
 
 Erster Schrei
 
 
 Dein erster Schrei nach Luft
 war der, der nach Liebe ruft
 
 
 
    
 
 Salm der Hügel
 
 
 Der grünweiße Salm der Hügel im April
 frisches Grün, das Wiesen stärken will
 Schnee, der nach dem Winter ruft
 Kalte, salmiakduftende Frühlingsluft
 
 
 
    
 
 Wasserburg, Aussicht von der Burg
 
 
 Kupferspan
 Spitzhelm
 Wasserturm
 
 Brauerei
 Ziegelturm
 Hopfensturm
 
 
 
    
 
 Bayern
 
 
 Satte, herbe.
 Schönheit der Berge
 Oberbayern
 Schieferwalm
 Kiesgrubenseen
 Zwiebeltürme
 Glockenklang
 Alpen gezahnt
 Milch der Berge
 Gletschertäler gefräst
 und
 Seen gezähmt
 Chiemgau Prinzessin
 Ludwigische Allegorie
 Mönchen Haupt
 Technik lüftet
 Himmel für Flieger
 Auge ins All
 Satellitenorakel
 Radarantennen
 Straßen in Berge
 geschlagen
 Blauweiß der Himmel
 Jodler ruft
 Krachlederne
 Schuhplattler
 Sonnwendfeuer
 Faßnacht
 Jodelnde
 Singende
 Alpenmagd.
 
 
 
    
 
 Reise nach Baden-Württemberg I
 
 
 Von Osten nach Westen
 rostiges Eisen
 Eisen,
 auf dem Züge reisen
 
 Von Norden nach Süden
 wehen die Blüten
 im Wind
 derer,
 die auf Reisen sind
 
 Lindau dreht die Züge um
 
 
 
    
 
 Wind
 
 
 Schleuderst Sand wie Körner
 Säst die Samen der Wüste
 Sommergelb reicht Dein Acker
 Von Sand zu Sand zu Horizont
 
 
 
    
 
 Höhe
 
 
 In der Höhe der Berge
 wird die Luft wie die Erde
 dünn
 Sie nähren die Latschen
 die flachen Kiefern
 Im Wind ducken sie sich
 wo sie am Himmel sind
 
 
 
    
 
 Urlaub
 
 
 Alpentransit
 Autotransmit-
 ter
 Blechgewitter
 Düsenjet
 Düsenspeed
 
 
 
    
 
 Zeitflug
 
 
 Die Zeit vergeht so schnell,
 wie die Gedanken fliegen
 
 
 
    
 
 Palmkätzchen
 
 
 Eis wie im Winter
 Kinder der Katzen
 der Kätzchen am Stamm
 Flauschig auf Rinde
 Katzen der Kinder
 brechen Flausch vom Stamm
 im Eis wie im Winter
 
 
 
    
 
 Reise nach Baden-Württemberg II
 
 Lindau
 
 
 Kiesel brechen ans Ufer
 Senfgelbe Flechten
 an geneigter Mauer
 Zitadellenhaft
 die Zinnen
 Ein Meer so blank
 bis an die Berge
 
 
 
    
 
 Present
 
 
 Elektronik
 Plastik
 Raketen
 Atom
 
 
 
    
 
 Musqueteria!
 
 
 Ich will so nicht fechten
 Führen wir das Schwert in die Scheide.
 Laß uns lieben!
 
 
 
    
 
 Zwischen Eis und Eis
 
 
 Beschnittene Rebe
 Leer von der Beere
 Wein was werde
 aus der gehackten Erde
 Blüte im Eis
 wie ein weißer Flaum
 
 Sommer gibt Sonne
 Traubentraum
 leeret die Rebe
 leset die Beere
 schneidet die Rebe
 
 Schenkt ein!
 
 
 
    
 
 Jason
 
 
 Gebt mir den Anker
 Nehmt mir die Segel
 Stutzt mir die Flügel
 Haltet am Boden mich auf
 
 Mein Schiff setzt an Land
 Die Planken zerlegt
 Stürzt mir den Mast
 Baut einen Hafen auf
 
 Errichtet den Leuchtturm
 Brecht ab die Berge
 Baut mir die Stadt
 Als edlere Werke
 
 
 
    
 
 über das Meer
 
 
 Was ich habe
 will ich halten
 verführt sie mich
 über das Meer
 
 Was ich habe
 soll mich halten
 schenkt mir Kinder
 mit einer Gebärde
 
 
 
  
 
   
 A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z
  
 
     
       
 Alter Main
 Augen in Schwarz
 Aus Dresden
 
 
    
 
       
 Babylonische Städte
 Bayern
 Berlin
 Blau
 Blaues Blut
 Brigitte B. R. 5.2.98
 Burgfräulein
 
 
    
 
       
 Cumulus Stratus
 
 
    
 
       
 Das Weiße im Schwarzen
 Dein Blau ist mein Blut
 Deine...
 Deine Worte
 Dein letzter Ton, Vater
 Der dunkle Mond
 Der Töpfer
 Diamond
 Dices
 Die Frau mit dem sonnigen Haar
 Die kleine Meerjungfrau
 Die Schmiede
 Drei Kontinente
 Dualismus
 Dubrownik
 
 
    
 
       
 Ein goldener Schuß
 Ein Kelch
 Erfüllte Magie
 Erlabrunn
 Erster Schrei
 Eure schwarzen Augen
 
 
    
 
       
 Feindschaft
 Flamenco
 Flamme
 Flieger
 Freundschaft
 Frühstück
 
 
    
 
       Gebenedeit
 Geisterstunden
 Genesis
 Grübeln
 
 
    
 
       
 Höhe
 
 
    
 
       
 Ich wünsch Dir einen Mittelweg
 
 
    
 
       
 Jacqueline III
 Jacqueline IV
 Jason
 Jüngling
 
 
    
 
       
 Keltin
 Ketten
 Kohlen
 
 
    
 
       
 Liebe
 
 
    
 
       
 Magie, Wald
 male Dichte
 Märzenbecher
 Meine goldene Perle
 Meine Haut
 Mein Schlaf
 Messner
 Musqueteria!
 
 
    
 
       
 Neumondauge
 
 
    
 
       
 Odysseus
 Olive
 
 
    
  
       
 Paco
 Palmkätzchen
 Pfurz
 Phorsythien
 Present
 Puppenaugen
 
 
    
 
       
 Reise nach Baden-Württemberg I
 Reise nach Baden-Württemberg II
 Reiz mich nicht
 Rote Rose
 
 
    
 
       
 Salm der Hügel
 Schlangengift
 Schmerz
 Schneeflocken
 Schwanenschwingen
 Schwarz, mein Vater
 Schwarze Rose
 Schwarzer Vogel
 Seine Rüstung
 Sie liegt in den Reben
 Sommerliebe
 Spatzen, Bahnhof am Bodensee
 SPORA
 Sternenfeuer
 Stufe
 Stummer Mond, mein Kerker
 Susi
 
 
    
 
       
 Teich
 Träne
 Trauer
 
 
    
 
       
 über das Meer
 Unendlichkeit
 Unordnung
 Unsere Waldwurzeln
 Urlaub
 
 
    
 
       
 Vater
 Vergangenheit
 Versüßen
 Vogelfrau
 Vögelhochzeit
 
 
    
 
       
 Wald
 Wasserburg, Aussicht von der Burg
 Weiße Rose
 Wind
 Wolf
 
 
    
 
       
 Zeitflug
 Zwei Fragmente
 Zwei schwarze Murmeln
 Zwischen Eis und Eis
 
 
  
 
   
 
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