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 nur ein Schatten
 
 
 Die Sonne ist nur ein Schatten entgegen dem Licht
 Das Dir leuchtet, trittst Du vor das letzte Gericht
 Wie Schatten hält Dich die sternschwarze Pracht
 Sind wir Träume im Dunkeln  leuchtest Du sacht.
 
 
 
    
 
 Dieses Leben
 
 
 Dieses Leben, gespannt wie eine Brücke,
 weiß aus Schnee, die leuchtet, über das
 Dunkel drunter, das des Endes Tücke
 erfaßt und mißt in kein gerechtem Maß.
 
 Der, der den Bogen steigt in der Sonne
 und im Regen, der die Farben sieht
 das Leuchten, Freude, all die Wonne
 wird zittern, wenn das Dunkel herzieht
 
 aus dem Grau der Wolken Spiel
 schwarz, wühlend, schüttend
 farbvernichtend. Und der Sorgen viel
 die furiengleich den Geist zerrütten.
 
 Wenn der sieben Farben Schwung
 in Dämm'rung unterbricht, in der
 die Lieben, alt, auch jung,
 das Ende nicht erreichen, Winter
 
 oder jeden Sommer ohnegleichen
 Frühjahrs oder Herbstes Witterung
 das Band sich endet, sie weichen
 der dann so geliebten Erinnerung.
 
 
 
    
 
 Nacht
 
 
 Flache Schatten wandern über das Dach,
 Strahlen wachen, machen mich sacht
 müde. Verschwinden für die Nacht.
 
 Schatten wandern in mein Sein hinein.
 Wandern, wachsen, strahlen ein
 in manche Träume. Schäume, die
 
 der Träume Hunger sind. Wie fahle
 Finger fallen sie auf mich. Machen
 Jagd auf meine Lieben, die sich
 
 stellen in der Leere. Wie vor eine kahle
 Wand gestellt, versäumen sie den Nachen,
 der sie überstellt in ein Land voll Freude,
 
 voll von Lachen. Betreten nicht den Garten
 in dem sie einst gebürtig. Sehnsucht macht,
 daß ich in dieser Nacht die Nacht erlebe.
 
 
 
    
 
 Tageslicht
 
 
 Es war Nacht auf der falschen Stelle,
 die Grelle, die der Tag durchlitt,
 leuchtete innen. Denn drinnen
 war der Tag auf der falschen Stelle
 und mochte nicht mehr geboren sein.
 
 Es war Wacht, und die Zeit verstrich
 in kleinen Momenten, dieweil die
 Erinnerung in Glanze weiterschritt.
 
 Draußen war der Tag am Weichen,
 wie er aus dem Innen aus entwich.
 Und die Nacht suchte ihre Stelle,
 während sie über die eine Stelle glitt.
 
 Die eine Stelle, den einen Ort, an dem
 das Herzen endet. Das Atmen, Seufzen,
 das Wachen, der Schlaf. Das Wort.
 
 Und nahm das Licht des Tages auf sich mit.
 
 
 
    
 
 Lächeln um des Leben Preis
 
 
 Wehgeschrei, was sei, sei nicht gerecht.
 Der Himmel duckt sich nieder, die Sonnenstraße
 gleitet über ein weißes Tuch entlang.
 
 Über das sich eine neue Sonne schwang.
 Strahlen, ein Vorhang aus leicht Gazé
 Wie pures Gold, das sich so echt,
 
 so tief aus ihrem Lächeln zeichnet.
 Und der Wolken Weiß verwandelt sich
 in ein unglaubliches Lächeln Weiß.
 
 Denn sie lächelt, denn sie lächelt
 Lächelt um des Leben Preis.
 
 
 
    
 
 Stille
 
 
 Er kehrte Stille ein.
 Seine Tochter, Lot,
 zurückgewandt
 schien als Fels so rot.
 
 Töchter, Söhne, im Rot
 des Sonnenschwunds.
 
 Bote des Sternenhimmels,
 der in Dunkelheit
 ein Licht legt ein.
 
 Das Gewimmel der Funken
 ein Versprechen:
 Nie bist Du allein.
 
 
 
    
 
 Wibke
 
 
 Trauer, grauer Schwärmer.
 Wickle mich in die Winden.
 Begrüne mich, Zinnener.
 
 Bronze auf dem Stein,
 schlage mich ein.
 
 Frage nicht. Sei nur mein
 Vollender.
 
 Schlage die Lettern ein,
 die von ihr verkünden:
 
 Sie durfte sein.
 
 
 
    
 
 Letzter Tanz
 
 
 Sie war mit diesem Tänzer noch ganz unerfahren.
 Alt von Grau und voll an Jahren lud er sie ein,
 beim letzten Tanz ihr Partner, freudig, zu sein.
 
 Sie tanzten in anschmiegsamster Umarmung,
 und was ihm in diesem Tanze fehlte an Erfahrung,
 glich sie durch Harmonie und Schwung leicht aus.
 
 Leicht schleuderten die beiden Körper über's Parkett,
 adrett sie, leicht kokett, und mit ihm im Duett
 kreisten, circten, bogen sie durch Lichter, Schatten,
 
 walzten, schlenzten einen endlosen Reih'n.
 Er nahm sie immer fester, immer tiefer
 mit in die schönsten Noten sanft hinein.
 
 Draußen dämmerte ein neuer Tag, Sonnenschein
 und sie saßen an der Toten Bett.
 Sie lächelte. Sie hakte sich so gerne bei ihm ein.
 
 
 
    
 
 Der Tod der Geliebten
 
 
 Er wußte nur vom Tod was alle wissen:
 daß er uns nimmt und in das Stumme stößt.
 Als aber sie, nicht von ihm fortgerissen,
 nein, leis aus seinen Augen ausgelöst,
 
 hinüberglitt zu unbekannten Schatten,
 und als er fühlte, daß sie drüben nun
 wie einen Mond ihr Mädchenlächeln hatten
 und ihre Weise wohlzutun:
 
 da wurden ihm die Toten so bekannt,
 als wäre er durch sie mit einem jeden
 ganz nah verwandt; er ließ die andern reden
 
 und glaubte nicht und nannte jenes Land
 das gutgelegene, das immersüße -
 und tastete es ab für ihre Füße.
 
 (Rainer Maria Rilke)
 
 
 
    
 
 So kalt ist der Tod
 
 
 So kalt ist der Tod, der ins Leben tritt.
 So kalt, so nah, und die Liebe so fern.
 Deinen Stern hab' ich mir zur Marke erhoben.
 Er leuchtet, im Dunkeln, weit dort droben oben.
 
 In einer kalten klaren Sternennacht
 hat er Dich zum Leuchten gebracht.
 
 So kalt, so kalt. Und alt schon gar nicht.
 Schon gar nicht Du: ich seh Dir immer zu.
 Nimmst Du mein eigenes Sterben wahr?
 Ist Dir mein eigenes Schmerzen klar?
 
 Die andere, wie sie hängt an ihren Scherzen.
 Wie sie sie verdrängt, voll mit Herzen
 zieht sie Wärme ab. Eine Sonne, die ihr
 Strahlen wieder an sich zieht.
 
 Deren Leuchten nicht die Sonnenuhr mit zieht,
 nicht das Sonnenlot im Brunnenrand.
 
 
 
    
 
   
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 Der Tod der Geliebten
 Dieses Leben
 
 
    
 
       
 Lächeln um des Leben Preis
 Letzter Tanz
 
 
    
 
       
 Nacht
 nur ein Schatten
 
 
    
 
       
 So kalt ist der Tod
 Stille
 
 
    
 
       
 Tageslicht
 
 
    
 
       
 Wibke
 
 
     
  
 
  
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