| 
 
   
 Lohr I
 
 
 Lohr loht in Rot
 Droht Dir in Sandstein
 Gestorbene Wüste
 Du ahnst nicht, wie rot
 Hier alles durchsteigt
 Ein Eisenoxyd
 Im Sandkorn umfangen
 
 
 
    
 
 Lohr II
 
 
 Die Stadt traut sich nicht
 Über den letzten Rain
 In die dräuenden Bäume
 Eichen gewaltiger Hain
 
 Zwar nimmt sich die rote Stadt
 Verschämt Balken fürs Dach
 Doch atmet in der Ebene
 Und legt sich dort flach
 
 Der Main verseufzt sich
 An altem Sandstein Purpur
 Wie Schenkel umfasst sie
 Die fischatmende Schnur
 
 
 
    
 
 Lohr III
 
 
 Lohr will mich nicht nehmen
 Lohr will nicht für mich sein
 In trotzendem Sandstein
 Schliesst es Liebende ein.
 
 
 
    
 
 Erdkunde
 
 
 Die Erdkunde sagts uns
 (und sie weiß es noch nicht lang)
 dass Platten sich hoben
 und senkten sich bang
 
 In all diesem Atmen
 Schnitt Main sich hinein
 Nahm Kalk, aß Sandstein
 Trieb tiefer hinein
 
 Und spülte uns fort
 Und ließ es dann sein.
 
 
 
    
 
 Sein und Warten
 
 
 Sein und Warten. Warten und Sein.
 Aus Langeweile ließ sich Gott
 Mit dem Unmöglichen ein.
 
 
 
    
 
 Zwanzig Jahre
 
 
 Zwanzig Jahre. Die Kinder sind fort.
 Zwanzig Jahre. Es leben andere dort.
 Mit jedwedem Morgenwachen kehrt Wahrheit ein
 Mit jedem Kinderlachen, jedem Baby-Schrein
 Entstehen neue Welten. Oder lassen es sein.
 
 
 
    
 
 Verschleudert
 
 
 Liebe: verschleudert.
 Sehnsucht: ein gekoppeltes Wort
 Leidenschaft: Du bist weit fort
 Gemeinsamer Atem: ich atme Dich nicht.
 Zarte Berührung: Du verführst nicht. Nicht mich.
 
 
 
    
 
 Durch das Schwarze
 
 
 Durch das Schwarze
 Trifft Dich das Helle:
 Es trifft Dich gewiß.
 Schließt Du die Augen:
 Ziel bleibt gewiß.
 
 
 
    
 
 Ich kenn nicht das Kind
 
 
 Ich kenn nicht das Kind in dem Du Dich gefangen.
 Den Verderber Deiner Sehnsucht, Deiner Lust
 Hast Du nie mir gesagt, nie hab ichs gewusst.
 
 
 
    
 
 Die glücklichen Bilder
 
 
 Vertraut sind sie mir nicht mehr
 Alle die, die in Gegenwart waren
 Ich schrei es auch nicht mehr.
 Irgendwann endet mein Harm
 
 Die glücklichen Bilder
 Sie kommen schwer zu Gesicht.
 Sie kommen mir nicht.
 
 
 
    
 
 Versteckt doch
 
 
 Sinnlos scheint Präsens.
 Die Zukunft  ist nicht.
 Tote nach hinten.
 Versteckt doch, bitte, mein Licht.
 
 
 
    
 
 Paar und Unpaar
 
 
 Paar und Unpaar.
 Ein Wille, der spricht.
 Spricht zu zweitem.
 Paaret sich nicht.
 
 
 
    
 
 Horizont
 
 
 Ein Roß, das nie rastet.
 Ein Roß, nur im Sprung.
 Ein Reiter, der nie lastet.
 Ein Rösselsprung.
 
 Grün, weggehämmert.
 Blau, abendgedämmert.
 Eine Linie: Fernberührung.
 
 
 
    
 
 wer bin ich?
 
 
 Seine erste Frage:
 Weißt Du, wer ich bin?
 Seine zweite Frage:
 Weißt Du, wer ich bin?
 Nach langer Zeit
 Legte er sie wieder mir hin.
 Meine Antwort für immer:
 Ich bin, der ich bin.
 
 
 
    
 
 blaue Milch
 
 
 Deine Haut schimmert wie blaue Milch
 Meine Blicke trinken von Dir
 Deine grünen Augen halten still
 Ein Mund der mich küsst, der weiß, was er will
 Rosenknospen, um Trost still bemüht
 
 Marmorsprossen auf all Deiner Haut
 Zögerndes Warten in der Stille so laut
 So Laut.
 
 Du gibst Dich hin wie gleich meiner Braut.
 Ein Küssen, ein Einen.
 So Traut.
 
 
 
    
 
 Rehaugen
 
 
 Rehaugen. Stille Teiche, blau.
 Grüne Sicheln. Steif gewordenes Grau.
 Vereinen: so vereinfacht
 
 Denkst Du all diese Coloren
 Auf eine Leinwand geworfen.
 
 Ach, eine Schicht aus Cotton so rau.
 
 Rau ist es innen, da tut es weh.
 Da sind Augen, die von außen
 Ich nicht seh.
 
 
 
    
 
 Berühren
 
 
 Berühren, Berühren, Berühren.
 Verführen, in die Nacht der Früh.
 
 Ein Schichten von Berührung
 Geschichten der Verführung.
 
 Weißer Stier, reite so früh.
 Europa gibt sich gar große Müh.
 
 
 
    
 
 Wie eine Biene
 
 
 Wie eine Biene nutzt sie die Tür
 Mutete Honig, das treue Tier.
 Mutete Liebe, das scheue Wort.
 Tanzte in Kreisen, tanzte sich fort.
 
 Wie eine Biene nutzt sie die Tür.
 Mutete Liebe, das treue Tier.
 Kam nicht wieder, das scheue Wort.
 Tanzte in Kreisen, pflanzte sich fort.
 
 
 
    
 
 Was trennt uns?
 
 
 Was trennt uns? Jahre oder Distanz?
 Beides. Der Mummenschanz
 Den Jahre der Haut einprägen.
 Gedanken, die sich rückwärts  bewegen.
 
 Deine gehen noch immer nach vorn.
 Ach, keine Rose ohne geliebten Dorn.
 Spreizt Du die Weigrung
 Stech ich nach vorn.
 
 
 
    
 
 Was bin ich
 
 
 Was bin ich  und  was bist Du
 Hier bin ich  und  dort bist Du
 Tausche ich  und  tauschst auch Du
 Auf halbem Weg  kommen wir  auf uns zu
 
 
 
    
 
 Liebe ist rar
 
 
 Liebe ist rar. Sie ist immer da.
 Ein Augenaufschlag, ein gerichtetes Haar.
 Doch ans Feuer lassen sie schwerlich dich ran.
 Denn vor dem Feuer steht  ein Liebesbann.
 
 Alles ist wichtig, alles läuft gut.
 Kennt man das Feuer, hält man es fest.
 Wie den Mond. Er scheint da oben.
 Und niemand hält diesen Globus fest.
 
 
 
    
 
 Schlaf
 
 
 Schlaf. Schlafen, Schlaf.
 Die Augen öffnen sich brav.
 Die Seele folgt in Stunden erst.
 
 
 
    
 
 Rehgesicht
 
 
 Du Rehgesicht. Du Quellen-Born.
 Du schillernde Mahnung.
 Du Sproß vom Einhorn.
 
 Der Wald Dich genommen.
 Im Sinn Deine Stirn.
 Hätt ich Dich bekommen
 Mein Leben hätt Sinn.
 
 
 
    
 
 Christiane
 
 
 Ros, der Knosp entsprungen
 Magnolie, weit spreizt Du Dich
 Lotus, Dein Herz enthüllend
 Christiane, Dich liebe ich.
 
 
 
    
 
 Mehr als Erinnerung
 
 
 Noch bist Du nur ein Echo.
 Noch bist Du ein wildes Meer.
 Noch Sturm, noch Drang.
 
 Dann kommst Du her
 Zahm wie eine Magnolie,
 Süß wie Rosensprung.
 
 Du fühlst, es ist mein Schwören
 Ich spür, es ist Dein Betören
 Du bist da: Mehr als Erinnerung.
 
 
 
    
 
 Christiane II
 
 
 Einen Brief hätte dich Dir gerne geschrieben.
 Deine Adresse findet erst in Jahren statt.
 Noch bist Du weiß geblieben
 Wie ein unbeschriebenes Blatt.
 
 Blau ist jene Tinte
 Die Rotes schreiben will
 Weiß ist jene Miene
 Die heute bleibt so still.
 
 
 
    
 
 Christiane III
 
 
 Er, der die Welt in Tagen schafft
 Nimmt mir die Jahre, nimmt mir die Kraft
 Dich so zu sehen, wie er Dich hat:
 Ein schlankes Röslein, zwei Dornen, ein Blatt.
 
 
 
    
 
 Was weiß schon die Liebe
 
 
 Was weiß schon die Liebe.
 Was verschleudert sie wild.
 Sie verteilt zarteste Hiebe
 Sie schafft stets neues Bild.
 
 Heute bist Du es, morgen die andern.
 Dann wieder bin ich es, dann geh ich wandern
 Zum nächsten Born. Stoß mir die Hörner,
 reize den Dorn. Reizte die Blüte.
 
 
 
    
 
 Stetige Nähe
 
 
 Stetige Nähe, stetiges Nahn.
 Einmal bist Du es, einmal der Wahn.
 Dich zu sehen, in Deiner Nähe
 Zu gehen. Dich zu begrüßen
 Und wieder zu gehen.
 Und wieder zu nahen.
 
 Einmal bist Du es, einmal der Wahn.
 
 
 
    
 
 Bis zur Nacht Deiner Stunde
 
 
 Mich reizt Deine Sünde.
 Mich reizt Deine Wunde.
 Die Liebe ich künde.
 Bis zur Nacht Deiner Stunde.
 
 
 
    
 
 so müde
 
 
 Die Nacht hat meinen Himmel so müde gemacht.
 Bin heut zur Nacht neben dem Himmel erwacht.
 
 Wie senkt sich die Sonne  Dein Auge  hinter das Lid.
 Ich träumte die Wonne  Dein Reizen  mein Lied.
 
 Verbände ich mich bis zum heischenden Morgen mit Dir
 Fände mich rauschend prim Sonnenstrahl, wir beide, ein Tier.
 
 
 
    
 
 dass Du immer bei mir
 
 
 Nur Stunden, nur Tage, ist meine Liebe erlaubt.
 Hinter fernsten Hügeln ist sie erbaut
 Wie ein strebendes, weiß erbleichendes Schloß
 In Deinem Schoß ein Turm, der Liebe ein Sproß.
 
 Turm um Turm erbaue ich Dir
 Verwünsch Dich für immer,
 dass Du immer bei mir.
 
 
 
    
 
 Dein Trösten
 
 
 Finge doch endlich Dein Trösten an.
 Stürmte doch endlich Brust an Brust heran.
 Schmiegte sich in Scham Bein an Bein.
 Fühltest Du mein ewiges Einsam-Sein.
 
 
 
    
 
 zu jeder Stund
 
 
 In Gedanken bist Du mir so nah.
 Wie es mich zerreißt.
 Welche Gefühle auf Dich
 Ich häufe, um welchen Preis.
 
 Stirbt meine Liebe jede Nacht
 Bist Du es, weit fort,
 die mich um Schlaf gebracht.
 
 Dein Marmor, Dein Blond,
 Dein Rosenmund.
 
 Du bist so weit
 Ich schon lange,
 zu jeder Stund.
 
 
 
    
 
 Zart entblasst
 
 
 Zart entblasst Du Dich dem Nebelgrauen
 Mir in die marmorne Stirn eingehauen.
 Wie ein Gewölke, von Strahlen umhegt
 Mir aus der Stirn mitten ins Leben geht.
 
 Mein Mund pflegt allweil Gerede um Dich
 Zu verschweigen Dich, ist seine Pflicht.
 Zu schweigen für immer, ist es das nicht
 Weil auch die Grünende mit Dornen sticht.
 
 Schmiegen und Schweigen. Schmied ich
 Die Liebe, die in Deinen Schritten geht.
 Mied ich die Weichen, die mitten in
 Dein Leben geht. Vermied und vermied ich.
 
 Und doch: Ein Geigen, ein Sinnen. Und kaum
 Ein Spielen, ein Spinnen, um Zeit und um Raum
 Kaum kann ich Dich hegen. Die Blüte umpflegen.
 Den Beginn, den Anfang zum Rosenbaum.
 
 
 
    
 
 Lang mich nicht an
 
 
 Lang mich nicht an. Und tu mir nicht weh.
 Aus Deinen Jahren ich mein Begehren seh.
 Und baust Du doch nur Träume auf Traum
 Will ich ihn nicht leben. Dich kenne ich kaum
 
 Und kenn Dich doch gut. Bin ich im Zenit,
 stehst Du im Nadir. Dein Dunkel mir Flut
 mich zu reißen in Dein Stunden Schlund.
 
 Schöne Preise trägst Du, metallene Zier.
 Verwöhnen versprichst Du. Und überall Gier
 Nach mehr, nach Neuem, nach neuem Geschwür.
 
 Und ich schwör Dir: Ich folge Dir nicht.
 Zu alt mir Deine Pläne, zu alt Dein Gesicht.
 Und an der Welt angebunden, an all ihrem Kram
 
 Schwängerst mir Wünsche, die nie ich bekam
 Und die mich nie rissen aus dieser Bahn.
 Verfolge mich nicht. Mit Deinem alten Gesicht.
 
 
 
    
 
 Berühre mich nicht!
 
 
 Ein Spiel der Berührung: Berühre mich nicht!
 Ein Viel der Augen. Ein Wenig an Sicht
 Auf den Hals, auf die Wange. Küsse mich nicht!
 Ein Schmiegen der Schenkel, ein Reiben von Stoff:
 Ein Hoffen der Freude: Vergreife Dich nicht!
 
 Doch irgendwann musst Du Berühren. Mußt Du verführen.
 Sonst weißt Du sie nicht. Die Wahrheit im andern,
 in ihrem Gesicht: Verschmähe mich nicht!
 
 
 
    
 
 Jeder Tag
 
 
 Jeder Tag zählt seine Minuten. Tröpfelt Erinnerung
 Durch den gierigen Engpaß eines Augenblicks Zeit.
 Hier bist Du real, hier entsteht Deine Wirklichkeit.
 Sei Dir dessen gut bewusst: Erinnerung wächst aus der Zeit.
 
 
 
    
 
 Die Zeit meiner Schwester
 
 
 Die Zeit meiner Schwester. Sie hat sie geprägt
 Wie sonst keine Schwester Liebe prägt.
 Schwierig im Streiten, einfach im Lieben.
 Erinnrung an sie: An all ihr Erleben.
 
 
 
    
 
 Jeder Baum
 
 
 Jeder Baum, der gewachsen
 Irgendeine Rose, die blüht
 Ein Abendvergehen,
 ein Sonnenverglühen
 ist Erinnerung und Zeit
 die den Augenblick führt.
 
 
 
    
 
 Abschied nehmen
 
 
 Abschied nehmen
 Von einer schlechten Zeit
 Abschied nehmen
 Von einer letzten Zeit
 
 So lapidar bist Du gegangen
 So unscheinbar warst Du zuletzt
 Ich hätt Dich gern noch mal umfangen
 Dein Lächeln hat mich tief verletzt
 
 Was kannst Du mir noch sagen
 Was zuletzt Deiner Liebe galt?
 Hattest keine Klagen
 Hattest mit Deiner Liebe bezahlt.
 
 
 
    
 
 Sterben können nur die Alten
 
 
 Sterben, das wussten wir Kinder,
 können nur die Alten.
 Sie stehen wie die morschen Bäume im Sturm.
 
 Sterben, das musste der Winter
 Denn wir halten
 Die ganz Jungen nach vorn.
 
 Sterben, so alt sind wir doch nicht.
 Dass wir erkalten
 Im besten Lebensborn.
 
 Und doch, für unsre Kinder
 Die sich entfalten
 Tun auch wir einen Schritt nach vorn.
 
 
 
    
 
 Mundgebundene
 
 
 Mundgebundene
 Malven Gediente
 Empor erkorene
 Angedingte
 Prim im Born
 
 
 
    
 
 Blaue
 
 
 Klare, verfahrene
 Frische des Frühlingstages
 Eisüberwindende,
 Schnee verschwindende
 Liebe, Blüten bindende
 Ewigkeit des Jahresbeginns
 
 Noch einmal
 Den Glanz der Jugend
 Entfaltende, Schwung erfahrene
 Schüchternheit
 Eines Momentes Erinnerung
 
 Blaue, Azurene,
 wolkenweiß marmorierende
 Decke des Nadelstiches
 Die den Schnee noch schont,
 doch nicht die Blum
 
 Wie sich windet und wendet
 Bindet und Endet
 Quellen, glucksend, gluckernd
 Brunnen Klang
 Voll und im Schwang
 
 
 
    
 
 erfahrene Freundin
 
 
 Kleine, erfahrene Freundin.
 Wie traurig der Kranz Deine Augen befleckt.
 Wie rückwärts gesucht die Erinnerung Dich deckt
 Verlangt es nach Dir, was sonst ich an Dir sehe
 Hindert mich die Verletzung, die Augengrenzung.
 
 
 
    
 
 Rauhreif
 
 
 Rauh, wie ungeflochtene, kleine Bänder
 Reif, der über die Halme sich deckt.
 
 Schnee, der den Hang hinab abbändert,
 Fall, der die Äste entlastet, so schwer.
 
 Blüten, die dem Frost entgegen gestemmt
 Glanz, der sich noch immer verhüllt.
 
 Baum, der in Knospen verändert,
 Schnitt, der das Holz aus dem Nutzlosen fällt.
 
 Wildes, ungestümes Märzen Schneien
 Begehren, das um einen Kuß sich versäumt.
 
 
 
    
 
 Spanten gebrochen
 
 
 Du warst so groß, wie fest ich Dich hielt.
 Einmal die Leine verlassen, von Winden umspielt
 Vertrieb der Wind Dich in die weiteste Flur.
 
 Ein Hängen, Verkrallen, in frostfeste Schlehen
 Ein Winden, Verkrampfen, im Wind-sich-aufbäumen
 Riß diese Leine, vertrieb Dich so weit.
 
 Nun häng ich tief in den schwarzblauen Schlehen
 Nur sehen darf ich, Dich treiben die Winde so weit
 Wer nimmt mich aus den Dornen, wer fängt mich ein?
 
 In Not, ein Sturm aufgekommen, ein Zerreißen.
 Spanten gebrochen, Bahn durch gebrochen
 Verteilt in Fetzen auf die zuletzte Zeit
 
 
 
    
 
 Das Ende der Zeit
 
 
 Wie Du die Schalen aufliest. Das Ende der Zeit.
 Erfüllung im Meeres-Bunten. Einsiedler-Kleid.
 Dann stauben die Wünsche der einsamen Strände
 Im Dezember, fern dem Blauen, den Augen, dahin.
 
 Dann wieder stemmst Du Dich auf in ferneste Länder
 Sammelst die Scherben. Suchst einen Sinn.
 Dich trocknet die Sonne. Feucht von Tränen, tief in Dir drin
 verbleibt immer der Winter. Verblasst die brauneste Stirn.
 
 
 
    
 
 Un-Ton
 
 
 Ein Un-Ton. Das tiefeste C.
 Tief, dreigestrichen.
 Tut im Bauch mir so weh.
 
 Und Du, da hoch droben.
 Hoch, dreigestrichen.
 Herz tust zerscherben
 
 Du tust mir weh.
 
 
 
    
 
 Wer jetzt ein Haus baut
 
 
 Wer jetzt ein Haus baut, baut keines mehr.
 Trägt die Hypothek ab, trägt sie ins Leer
 
 Dann bleiben zehn Jahre, weniger, mehr.
 Doch die Zeit der Schulden: Sorgenschwer.
 
 Und in all diesen Jahren: So nah dran am Geld
 Mehr als im Plus, immer im Minus
 
 Weil am Weniger mehr die Sorge sich hält.
 Und wachsen die Kinder, unbeachtet,
 allein in die Welt.
 
 
 
    
 
 unser Geschrei
 
 
 Zigeuner-Vagabunden.
 Gitarre, Weib und Wein.
 Ziehen im Karren
 Neuer Ort: Neues Sein.
 
 Keine Schulden an Niemand:
 Aber alle hintendran her.
 Wie Kesselflicker:
 Wir wollen Euch  nicht mehr.
 
 Aber Euer Leben, Erleben.
 Wie romantisch das sei.
 Vertreiben wir es
 Von unserer Wiese.
 
 Um nichts  durch unser Geschrei.
 
 
 
    
 
 Doppelt-Berühren
 
 
 Noch kenne ich Dich nicht,
 Doch kenn ich Deinen Trost:
 Wie die Leibhaftigkeit
 Meine Sinne umtost:
 
 In der Brust ein Doppelt-Berühren
 Im Bauch ein Heran-Drängen
 In den Lenden das dringendste Beengen
 Und unsere fliegenden Hände:
 
 Sie reichen nie aus
 Um Dich allüberall zu berühren
 Dich von unten nach oben verführen
 Und unsere Lippen:
 
 Was versprechen sie uns.
 Sie reizen, sie reiben, sie treiben
 Züngelnde Frucht  Ein-Begehrung
 Bis die letzte Schranke fällt:
 
 Wie ist da Stoff, wie ist da Fetzen
 Wie ist da Tuch, wie ist da  eine Haut
 Aus zweien geschmolzen.
 Verschmelzen wir:
 
 Tanzen wir. Tanzen wir.
 Wie wir uns am Dorne verletzen
 Da reiß ich Dich auf.
 Da lässt Du mich ein:
 
 Nimmer, nimmer:
 Getrennt zu sein.
 
 
 
    
 
 die Unvollendete
 
 
 Die Liebe  sie ist immer die Unvollendete
 Du spürst sie, in Deinem Sein-Allein.
 
 Sie treibt Dich, aus Einsam-Verletzung
 Sie treibt Dich, in neue Hoffnung hinein.
 
 Die vollkommene Geliebte  vor der Liebe ist sie.
 Ein erotischer Schatten  umspielt Dich  ein Wunsch, eine Sie
 
 Ein Verlangen nach der, die noch kein Gesicht
 Die noch nie Dir von ihren Verwundungen spricht.
 
 Ein Rasen, Ein Hoffen, Ein Auf-Begehren
 Bist Du es? Ist Sie es? Wer ist es?
 
 Ein-Verzehren
 
 
 
    
 
 Soldat
 
 Da wusstest Du um hundertfachen Tod
 Und hieltest elf  elf nur!
 Zurück, weil ein anderer Idiot
 Vertrauen schenkte, wer da schoß.
 
 Sie suchten ihren Henker selber.
 Sie verwarfen Kugel und Schrot.
 Sie entledigten sich Soldaten Verkleidung
 In Blau, blau der Arbeit, traf sie der Tod.
 
 Dann entließ Dich der Drachen
 Der Millionenfache Mord
 Der seit Anbeginn aller Zeiten
 Vertrauen behandelt
 wie Kot.
 
 Nun lasten auf Dir
 Dreihundert!
 Die Du nicht verführt
 
 Und elf nur, nur elf
 Die Du heimgeführt.
 
 
 
    
 
 Gewissen,
 
 
 zwei Waagschalen Du hältst
 Balancierst das Gute,
 wenn das Schlechte Du fällst
 
 In Wonne belobst Du
 Wer strebt voran
 
 Doch bestrafst Du
 Wer Deinen Rat Dir nicht glaubt
 
 Das Urteil:
 Fällst Du im Jetzt
 
 bleibt eine Versehrtheit
 auch wenn weiter
 nach Wahrheit
 Du strebst.
 
 
 
    
 
 Schablone
 
 
 Schablonenhaft tanzt Du den Reigen
 Der Müdigkeit in die Glieder mir treibt
 Schablonenhaft klingen die Geigen
 Deren Klingen Liebe mir zeigt
 Schablonenhaft duften Deine Ohren
 Wenn mein Geruch hier Deine Seele aufsucht
 Schablonenhaft  wie soll ich mich weigern 
 Wenn in All Diesem Du mich wirklich aufsuchst?
 
 
 
    
 
 Verbotene Liebe
 
 
 Verboten ist Deine Liebe
 Grau sagen Deine Augen mir an:
 Ich liebe Dich,
 obwohl Dich nicht lieben ich kann.
 
 Zart Deine Glieder,
 zart wie das Kitz steht zum Reh,
 größer und voller die Augen
 Dein Sein tut mir weh.
 
 Niemals umfang ich
 Dies Deinen Schmerz
 Niemals belang ich
 Wonach verlangt mir mein Herz.
 
 Denkst Du in Jahren noch immer an mich:
 Denk nicht an Schmerzen.
 Denn ich
 Denk immer an Dich.
 
 
 
    
 
 Allerneust
 
 
 Klar, klar, klar
 Flossen die Quellen.
 Wahr, wahr, wahr
 Aus dem Brunnen der Schein
 
 Eines freien Himmels.
 Keine Kraft größer
 Als das körperliche Sein.
 
 Dann kam der Hebel.
 Dann kam das Rad.
 Es kam eine Leitung.
 Zu Stein jeder Pfad.
 
 Seitdem, seitdem
 Ist alles besser geworden.
 Doch ist alles durchzogen
 Vom Allerneusten Besser-zu-Sein.
 
 
 
    
 
 Einsam Sein
 
 
 Wo bist Du? Ich such Dich
 Spricht mir ein Augen-Paar
 Geschäftlich ein:
 Du kannst es nicht sein.
 
 Kein Lachen, kein Wenden
 Kein Zünden, kein Beenden
 Vom einsamen Sein.
 
 
 
    
 
 Du bist es
 
 
 Du bist es. Du bist es nicht.
 Dann wieder bist Du es:
 Dann wieder: Du bist es nicht.
 
 Und wieder komm ich
 Neu auf Dich zu:
 Dann wieder: Du bist es.
 Vielleicht bist es Du?
 
 
 
    
 
 ein seliger Tag
 
 
 Ein Winden, ein Wenden,
 ein Niemals-Beenden.
 
 Ein Augenblick,
 ein seliger Tag.
 
 Mehr noch vom Leben?
 Wie denn? ist meine Frag.
 
 
 
    
 
 Nun hat der Winter
 
 
 Nun hat der Winter sein graues Band
 Eisern schon lange ums Aug uns gelegt.
 Ein Schneuzen, ein Schneien, ein Besen, der fegt
 Doch der das Grau nicht verwindet, vom Himmel vertreibt.
 
 Und wir, die hier unten, wann kommt unsere Zeit?
 Wenn Eis-Ströme brechen, die Eisfläche weicht?
 Wie sollen wir uns zum Frühling erfrechen
 Wenn der Schnee lange so bleibt?
 
 Ein helleres Grau am Himmel, ein Sonnenstand, treibt
 Wolken vorüber, die, schneeflockenschwanger
 Den Himmel wie eine graue Matrone beleibt.
 
 Und kommt doch nicht nieder.
 Und kommt doch immer wieder.
 
 Ein Sonnenstrahl erdolcht schließlich das Grau.
 Sein Blut fließt in Farben: die Himmel voll Blau.
 
 
 
    
 
   
 A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z
 
  
   
 
 
 
    
 
       
 Abschied nehmen
 Allerneust
 
 
    
 
       
 Berühre mich nicht!
 Berühren
 Bis zur Nacht Deiner Stunde
 Blaue
 blaue Milch
 
 
    
 
       
 Christiane
 Christiane II
 Christiane III
 
 
    
 
       
 Das Ende der Zeit
 dass Du immer bei mir
 Dein Trösten
 Die glücklichen Bilder
 die Unvollendete
 Die Zeit meiner Schwester
 Doppelt-Berühren
 Du bist es
 Durch das Schwarze
 
 
    
 
       
 Einsam Sein
 ein seliger Tag
 Erdkunde
 erfahrene Freundin
 
 
    
 
       
 Gewissen
 
 
    
 
       
 Horizont
 
 
    
 
       
 
 Ich kenn nicht das Kind
 
 
    
 
       
 Jeder Baum
 Jeder Tag
 
 
    
 
       
 Lang mich nicht an
 Liebe ist rar
 Lohr I
 Lohr II
 Lohr III
 
 
    
 
       
 Mehr als Erinnerung
 Mundgebundene
 
 
    
 
       
 Nun hat der Winter
 
 
    
  
       
 Paar und Unpaar
 
 
    
 
       
 Rauhreif
 Rehaugen
 Rehgesicht
 
 
    
 
       
 Schablone
 Schlaf
 Sein und Warten
 Soldat
 so müde
 Spanten gebrochen
 Sterben können nur die Alten
 Stetige Nähe
 
 
    
 
       
 unser Geschrei
 Un-Ton
 
 
    
 
       
 Verbotene Liebe
 Verschleudert
 Versteckt doch
 
 
    
 
       
 Was bin ich
 Was trennt uns?
 Was weiß schon die Liebe ?
 wer bin ich?
 Wer jetzt ein Haus baut
 Wie eine Biene
 
 
    
 
       
 Zart entblasst
 zu jeder Stund
 Zwanzig Jahre
 
 
     
  
 
  
 |